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Demo-Berichterstattung: der Praxis-Test

Im November letzten Jahres fand der erste G20-Gipfel in Washington statt. Damals kritisierten wir, dass vom Protest aus Anlass des Gipfels wenig zu lesen bzw. zu sehen war (siehe unser Blogeintrag vom 18.11.2008). In wenigen Tagen, genauer gesagt am 2.4.2009, findet nun der zweite G20-Gipfel statt. Wieder ist das Thema die Weltfinanzkrise und wieder regt sich Protest. Zahlreiche NGOs aus ganz Europa hatten bereits am vergangenen Samstag (28. März) aus diesem Anlass zu einem Aktionstag aufgerufen. Und tatsächlich gab es zahlreiche Demos in vielen europäischen Großstädten. Auch in Berlin und Frankfurt/M. gingen Zehntausende auf die Straße.

Die Hauptdemonstration fand jedoch am Ort des G20-Gipfels, also in London, statt. Wir von kampagne20.de waren dabei und haben einmal selbst getestet wie aufwändig oder schwierig es eigentlich ist, eine derartige Veranstaltung schnell und trotzdem angemessen zu begleiten und zu dokumentieren (und nebenbei auch noch zu demonstrieren). Hier unser kleiner Erfahrungsbericht:

Der Demonstrant geht normalerweise gut ausgerüstet auf die Straße: wetterfeste Kleidung, Plakat und Protest-T-Shirt gehören häufig zur Standard-Ausstattung. Wir haben das ganze auf Grund der geplanten Berichterstattung etwas erweitert: iPhone, Netbook, UMTS-Stick, Flip Videokamera und eine Digitalkamera wuren von uns – neben Banner und Plakate – durch London geschleppt.

Doch die Vorbereitung hatte schon früher begonnen. Im Redaktions- bzw. Blogsystem der Webseite wurde ein Artikel zur Demo vorgeschrieben, der dann automatisch zu Beginn der Demo online ging. Zudem wurde der twitter-Kanal in die Seitenleiste der Webseite eingebunden, so dass alle twitter-Nachrichten sofort in die Webseite integriert wurden (ein Beispiel dafür ist hier zu sehen). Auf dem iPhone wurden zudem die Applikationen tweetie (zum twittern) und wordpress (zum Pflegen des Blogs) installiert.

Und dann ging es los, erst noch bei typisch britischem Sturm und Regen, später dann auch im Sonnenschein. Die Dokumentation der Demo erfolgte abwechselnd: einer trug das Banner, der andere dokumentierte – perfekte Arbeitsteilung. Doch das Dokumentieren unterwegs ist gar nicht so einfach, insbesondere wenn das Tempo des Demozugs sehr hoch ist. Denn das Tippen von twitter-Nachrichten beim Laufen ist weitaus komplizierter als erwartet. Und um den Demozug gut zu fotografieren oder zu filmen, hiess es vielfach nach vorne sprinten, Demo überholen, abwarten, Bilder machen, wieder einreihen. Alles eine Frage des Timings!

Zum eigentlich bloggen sind wir erst während der Abschlusskundgebung im Hyde Park gekommen. Dort hatte man auch Ruhe die Eindrücke etwas sacken zu lassen und nicht nur reine Tatsachen-Beschreibungen und Fotos abzuliefern. Eines hat unser kleines Experiment aber gezeigt: eine kleine Live-Berichterstattung von einer Demonstration oder Aktion ist unter Einsatz der entsprechenden Technik absolut möglich. Die Leser am Bildschirm daheim können so einen ersten Eindruck gewinnen. Tatsache ist aber auch: es braucht eine gute Vorbereitung und für den Berichterstatter ist das ganze durchaus anstrengend. Und zudem: das ist ein Vollzeitjob! Der Berichterstatter kann also unmöglich noch eine weitere Aufgabe im Rahmen der Aktion/Demo übernehmen.

Im Optimalfall ist es so, dass der Berichterstatter noch von jemandem im Büro unterstützt wird. Diese Person kann Fotos nachbearbeiten und besser einpflegen, etwaige Rechtschreibfehler ausbessern und zudem weitere Informationen aus anderen Medien in die Berichterstattung einfliessen lassen. Aber auch ohne diese Unterstützung ‚von aussen‘ funktioniert es. Die Ergebnisse unserer Berichterstattung könnt ihr im Deine Stimme gegen Armut und im erlassjahr.de Blog nachlesen.