Wer wüsste nicht gern, wie man die Mächtigen das Fürchten lehrt? Srdja Popovic weckt mit dem Untertitel seines Buchs „Protest!“ (Fischer Verlag, 2015) hohe Erwartungen. Ich habe es über die Weihnachtstage gelesen.
Popovic will mit Geschichten und Beispielen von gewaltlosem Widerstand zu eigenem Handeln inspirieren und „Orientierungspunkte für ein Leben des fortwährenden zivilen und gesellschaftlichen Engagements“ geben (S. 213). Entsprechend sind die gut 200 Seiten eingängig und amüsant zu lesen.
In elf Kapiteln schildert Popovic in „Protest!“ zahlreiche Beispiele von Aktivismus und Bewegungen und erklärt, warum sie aus seiner Sicht erfolgreich waren oder auch nicht – und was man daraus für eigene Kampagnen lernen kann. Da ist z.B. der Widerstand gegen gestiegene Preise für Hüttenkäse in Israel 2011 (realistisches Ziel! Auseinandersetzungen, die gewonnen werden können!), das Engagement von Schwulenaktivist Harvey Milk 1969 in San Francisco (Kap. 2) oder die Demokratiebewegung auf den Malediven (Emotionen ansprechen! Betroffenheit! Abstraktes greifbar machen! Kap. 3).
Popovic beschreibt aber auch Gründe für das Scheitern. So fehlte der Occupy-Bewegung langfristige Planung, eine gemeinsame Identität und Offenheit (S. 145). Anderen, wie der ägyptischen Demokratiebewegung oder den chinesischen Studierenden auf dem Platz des Himmlischen Friedens, fehlte das richtige Timing, sich zum Sieger zu erklären – sie verpassten so den langfristigen Triumph (S. 180).
Wer sich für Kampagnen und Aktivismus interessiert, findet in dem Buch verständlich beschrieben alle Elemente, die es für erfolgreiche gesellschaftliche Veränderungen braucht. Nötig ist lediglich ein bißchen Transferleistung, um die Aspekte zu identifizieren und zu sortieren. Am stärksten fand ich den Abschnitt über die Säulen der Macht (Kap. 4), die es zu erschüttern gelte und die Seiten über Planung, Strategie und Taktik (S. 150).
Dennoch bleibt bei der Lektüre von „Protest!“ ein schaler Beigeschmack. Man fühlt sich streckenweise an das Lagerfeuer versetzt, wo der Cowboy Popovic Anekdoten aus seinem Leben als Revolutionär zum besten gibt. Er erzählt in echter Macho-Manier, wenn er politischen Aktivismus mit einem Action-Film vergleicht (S. 160) oder zugibt: „Waffen sind cool“ (S. 165). Klischeehafte Darstellungen – besoffene Engländer grölen Fußballhymnen (S. 70) – nötigen einem höchstens noch ein gequältes Lächeln ab. Dass Frauen als Heldinnen in sozialen Bewegungen nur am Rande bzw. als „die hübschesten Mädchen in der ersten Reihe“ von Demonstrationen vorkommen (um Polizeiübergriffe zu verhindern, S. 173) oder verniedlicht werden (Pussy Riot sind „vorlaute Mädchen“, S. 119) wundert dann nicht mehr.
Srdja Popvic und Matthew Miller: Protest! Wie man die Mächtigen das Fürchten lehrt. Fischer Verlag. Frankfurt/Main. 2015. ISBN 978-3-596-03377-5
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