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Entwicklungszusammenarbeit

Die indische Studenin Pugalvani gibt nachmittags Förderkurse für Kinder aus ihrem Dorf

Deine Stimme ist unser Joker: Storytelling in der Praxis

Wie motivieren NGOs ihre Unterstützer, aktiv zu werden und sich an einer Kampagne zu beteiligen? Dramatische Statistiken zeigen (attraktiv aufgemacht in einer schicken Infografik)? Prominente Unterstützer zeigen, denen es „normale“ Menschen nachtun, wie es aktuell bspw. der WWF in seinem Wald.Meister-Kampagnenclip macht? Letzteres ist nach meinem Eindruck in den vergangenen zwei bis drei Jahren seltener geworden, stattdessen ist Storytelling angesagt.

Maike Gosch und Julius van der Laar haben bei der diesjährigen re:campaign eindrucksvoll gezeigt, worum es geht: Schaffe Platz in der Kampagne für die einfachen Unterstützer, lass sie ihre Geschichte erzählen, zeige, wie sie einen Beitrag zu Veränderung leisten können. Das zeigt den Aktiven Wertschätzung und den potenziell Aktiven, dass man kein Promi sein muss, um etwas zu erreichen. Dieser Artikel beschreibt, wie die Aktion „Deine Stimme gegen Armut“, für die ich arbeite, genau das gerade versucht.

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Kurz notiert (28.02.2010)

Was das eCampaigning Forum in Großbritannien, ist re:campaign für Deutschland. Im Anschluss an die diesjährige Blogger-Konferenz re:publica laden die Hilfsorganisation Oxfam gemeinsam mit der Socialbar und den Agenturen newthinking communications und nest zur Konferenz, die den Anspruch hat, „die besten Kampagnen im Netz“ zu zeigen und eCampaigning in Deutschland auf die nächste Stufe zu heben. Unser Tipp: Hingehen (16./17.04.2010, Berlin).

Die katholische Hilfsorganisation Caritas hat als Beitrag zum Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut die europaweite Kampagne „Zero Poverty“ gestartet. In dem modern gestalteten Themenportal fallen vor allem ein lustiges Sprach-Mischmasch und die Darstellung verschiedener Video-, Foto-, Twitter- und RSS-Streams auf, die Aktivismus zeigen. Wie und warum man mitmachen kann, erschließt sich nicht sofort, eine Online-Petition mit langem und komplexen Text ist auch auf der Seite versteckt.

Aufs Wesentliche reduziert: Kann man ein Youtube-Video mit (vermutlich) Prominenten und eine Online-Petition schon Kampagne nennen? Die britische Labour-Partei sammelt mit „The Global Poverty Promise“ Unterstützung für das Vorhaben, mehr Geld für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben („0,7 Prozent-Ziel“). Irritierend ist, dass gerade die Partei des aktuellen Premierministers Gordon Brown Forderungen an ihre eigene Regierung formuliert. Wahrscheinlich übt Labour schon für die Zeit nach der Parlamentswahl im Frühjahr.

Der WWF hat eine schicke Fundraising-Webseite für Tier- und Umweltprojekte auf Borneo gestartet. Beim Urwaldriese kann man sich durch den Dschungel scrollen und je nach Spendenhöhe für große und kleine Waldbewohner spenden. Garniert wird das Ganze mit Informationen über Pflanzen und Tiere.

Die Kampagne für Saubere Kleidung in Deutschland hat irritierenderweise gleich zwei parallele Protest-E-Mail-Aktionen gestartet: Anlässlich des Weltfrauentags soll man sich bei 14 Textil-Unternehmen für bessere Arbeitsbedingungen von Frauen bei asiatischen Produzenten einsetzen. Gleichzeitig kann man, passend zur Winterolympiade, bei acht Sportbekleidungsherstellern auf die Einhaltung von Arbeitsrechten pochen. So wichtig die beide Aktionen sind, so klein wird die Aufmerksamkeit sein: Die Aktionen sind auf der Webseite gut versteckt, das Design ist von vorgestern, vollständige Adressangaben sind bei Beteiligung Pflicht und „Weitersagen“-Funktionen fehlen gänzlich. Wie erfahren Menschen eigentlich von den Aktionen?

Schönheit vor Alter? Junge Entwicklungsorganisationen im Fokus

Glaubt man den Ergebnissen repräsentativer Studien, fließen 44 Prozent aller Spenden zugunsten von Entwicklungs- bzw. Nothilfe und werden von Menschen gegeben, die 50 Jahre oder älter sind. Entsprechend ist wenig verwunderlich, dass klassische Entwicklungsorganisationen nicht gerade mit modernen, pfiffigen Kampagnen aufwarten. Dem gegenüber stehen Zahlen, denen zufolge gerade junge Menschen überdurchschnittlich engagiert sind: „Einsatz für die Gesellschaft und für andere Menschen gehört ganz selbstverständlich zum persönlichen Lebensstil dazu“, heißt es in der letzten Shell-Jugendstudie von 2006. Das Ergebnis ist, dass junge Menschen selbst aktiv werden, ihre eigene Entwicklungs-NGO gründen und den etablierten Hilfswerken mit schicken Webauftritten das Fürchten lehren. Zwei Beispiele möchte ich vorstellen.

2aid.org – Wasserspender via Web 2.0

Mitte 2009 hat die Zahnmedizin-Studentin Anna Vikky das Projekt 2aid.org ins Leben gerufen. Mit einigen engagierten Mitstreitern und Unterstützern zieht sie sämtliche Register aktueller Web 2.0-Tools und mobilisiert Spenden für Trinkwasser-Projekte in Afrika. Über Präsenzen auf MeinVz, Twitter (> 1.000 Follower) und Facebook (> 350 Fans) wird um Spenden geworben, die per Überweisung, PayPal oder SMS getätigt werden können. Die ersten 4.000 Euro sind mittlerweile zusammengekommen und an eine US-amerikanische Organisation überwiesen worden, die damit einen Brunnen in Uganda bohren wird. Anna ist derzeit mit Falco, einem Fotografen, vor Ort und schaut sich die Umsetzung an. Sie berichten regelmäßig in einem Video-Blog (Vlog) über die Reise – eine spannende und bisher selten genutzte Kommunikationsform, die leider mit maximal 50 Views noch kaum genutzt wird.

Video Nummer 6 aus dem Vlog von 2aid.org.

100prozentig

So bemerkenswert das Engagement der Fundraiser ist, so stellen aber auch Fragen. 2aid.org wirbt damit, dass 100% der Spenden direkt ins Projekt fließen. Ein ehrenwerter Vorsatz. Viele „neue“ Spendensammler mit dieser Aussage, die jedoch langfristig unrealistisch bis unseriös ist. Bei jedem Entwicklungsprojekt entstehen Verwaltungskosten, angefangen von Server- und Bankgebühren bis hin zu Ausgaben für Werbung und, bei größeren Vorhaben, Personalkosten. Diese Kosten dürfen nicht totgeschwiegen, sondern müssen schlicht und einfach transparent dargestellt werden. Selbst das DZI, das das Spendensiegel vergibt, sagt in seinen Spendertipps „Eine gute Verwaltung ist wichtig“ und hält bis zu 35 Prozent Verwaltungskosten für „vertretbar“. Die Projektreise von 2aid.org nach Uganda haben Anna und Falco aus eigener Tasche bezahlt – zurzeit sammeln sie dafür ebenfalls Spenden: rund 2.200 Euro werden gebraucht… 100%ig also kein Modell für die Zukunft.

Voting über Leben und Tod

Mein zweiter Kritikpunkt richtet sich auf die Auswahl des nächsten Trinkwasserprojekts, das sich 2aid.org ausgeguckt hat – besser gesagt: hat ausgucken lassen. Ganz im Sinne des Web 2.0, wo Userbeteiligung über allem steht, konnte man Anfang des Jahres abstimmen, ob der nächste Brunnen in Kenia, Malawi oder Uganda gebohrt werden soll. Die 148 Twtpoll-User haben entschieden, dass die Menschen in Kenia und Malawi weiterhin ohne sauberes Wasser auskommen müssen.

Klar ist, dass nicht alle drei Projekte gefördert werden können, aber auf welcher Grundlage entscheiden deutsche Internetuser, wo Hilfe am nötigsten und am besten geleistet werden mussen? Klassische Hilfsorganisationen arbeiten mit lokalen Partnerorganisationen zusammen, zu denen häufig langjährige vertrauensvolle Beziehungen bestehen. Für „Brot für die Welt“ beispielsweise ist die Zusammenarbeit mit Partner vor Ort „wesentliches Merkmal“ der Projektarbeit. Abstimmungen wie die von 2aid.org weisen paternalistische Züge auf und zeigen, dass sich noch nicht überall angekommen ist, dass die aktuelle Entwicklungspolitik eher auf Entwicklungszusammenarbeit setzt, statt auf Entwicklungshilfe, die „nicht von partnerschaftlicher Gleichberechtigung, sondern von der dominierenden Rolle des Fachwissens und des Reichtums geprägt“ ist.

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Web 2.0-Tools für Entwicklungszusammenarbeiter

Es ist zwar schon eine Weile her, aber ich möchte doch nochmal ein paar Worte zum Seminar „Web 2.0 in der Entwicklungszusammenarbeit“ verlieren, das ich Ende November besucht habe. EADI hatte dazu eingeladen, die Trainer kamen von euforic und die Teilnehmer aus verschiedenen entwicklungspolitischen Forschungsinstitutionen und Hilfsorganisationen). Thema der Schulung war weniger die Frage, wie Web 2.0 in (der Zusammenarbeit mit) Projekten in Entwicklungsländern genutzt werden kann, sondern eher eine Einführung in Web 2.0-Tools und wie sie die tägliche Arbeit erleichtern resp. bereichern kann.

Damit wurde genau das Interesse der Teilnehmer getroffen: Zwei Kollegen der schweizerischen Entwicklungsagentur DEZA arbeiten an der Neustrukturierung der Organisation und wollten Potenziale von Web 2.0-Anwendungen kennenlernen, genauso der InWEnt-Kollege, der das Alumni-Portal betreut. Die Kollegin vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) interessierte sich besonders für die Möglichkeiten von Blogs, weil das DIE über ein eigenes nachdenkt (und damit dem guten Vorbild des britischen Partnerinstituts ODI nachfolgen könnte). Zwei Mitarbeiterinnen der Fundraising-Abteilungen der Welthungerhilfe und von action medeor wollten… na was wohl… Anregungen sammeln, um die Webseiten der Organisationen für potenzielle Spender attraktiver zu gestalten.

Obwohl ich selbst bereits viele dervorgestellten Tools kannte, habe ich doch ein paar hilfreiche Kniffe und neue Anwendungsmöglichkeiten gelernt. Eine kleine Zusammenstellung, die hoffentlich als Anregung und Motivation dient:

  • RSS-Feeds: Für die Leser von „Kampagne 2.0“ ein alter Hut, aber für den durchschnittlichen NGO-Mitarbeiter eher eine große Unbekannte. Eine Umfrage unter meinen Kollegen ergab, dass die Hälfte weiß, was Feeds sind, aber keiner (!) welche abonniert hat. Es lohnt auch ein Blick auf die Optionen von Feedburner, um die Feeds der eigenen Seite zu vermarkten.

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NGO 2.0 – Socialcamp in Berlin

Zwei Tage lang haben am Wochenende Praktiker aus NGOs, Online-Aktivisten, Blogger und Webentwickler beim ersten Socialcamp in Berlin darüber diskutiert, wie neue Entwicklungen im Internet für die NGO-Arbeit genutzt werden können, NGOs erfolgreich im Web agieren können und sich die Arbeit von Organisationen durch „Web 2.0“ verändert.

Vorweg: Die Veranstaltung war klasse und ausgesprochen inspirierend. Die MacherInnen von Social-Networks wie helpedia, elargio, netzwirken oder mixxt und Kaioo waren da, genauso wie die Blogger von Netzpolitik.org oder Alles-was-gerecht-ist. Die Resonanz aus den klassischen NGO dagegen war bescheiden – ein Aspekt, der vielfach beklagt wurde und sich beim nächsten Mal ändern muss: Wie sonst sollen die Bedürfnisse, Interessen der Organisationen erkannt und Grenzen des Mitmachwebs bei NGOs ausgelotet werden? Lediglich Kollegen von Plan International Deutschland, dem Weltfriedensdienst und Transparency Deutschland habe ich neben neben Björn von erlassjahr.de und mir selbst gezählt. Ein subjektiver Bericht:

Am spannendsten fande ich die Session zur Kooperation von NGOs und sozialen Netzwerken am 2. Tag, bei dem eine Bestandsaufnahme von Eigenschaften, Trends und möglichen Kooperationsformen beider Akteursgruppen vorgenommen wurde (siehe Flipcharts). Günter Metzges von Campact hat dazu interessante Überlegungen aus dem bevorstehenden Relaunch des Kampagnenportals vorgestellt.

In der Session über „Entwicklungszusammenarbeit und IT“ haben Christian Kreutz (GTZ) und Mitarbeiterinnen der Agentur newthinking anhand wegweisender Webprojekte aus Afrika gezeigt, wie neue Technologien in Entwicklungsländern genutzt werden können (Celac aus Uganda, Afrigadget oder der Brosdi Audio-Blog) und auch, welche Herausforderungen auf Hilfswerke im Norden zukommen (Stichwort: Transparenz bei Entwicklungsprojekten bzw. stärkere und ungefilterte Stimmen aus dem Süden durch Blogs).

Nutzen und Risiken von NGO-Blogs wurden diskutiert (Bloggt die Organisation – öde – oder einzelne Mitarbeiter – potenziell unkontrollierbar?). Eine kostenlose, individuelle Social-Network-Lösung wurde vorgestellt (Kaioo.com stellt in diesen Tagen ein Meta-Netzwerk vor, aber wie gemeinnützig ist Kaioo wirklich?), über Open Source-Lösungen für NGOs diskutiert und gleich in der nächsten Session gefragt: Wie kann die Corporate Identity im Web 2.0 gestärkt bzw. „behalten“ werden (zum Thema NGO als Marke vgl. diese Präsentation).

Spannend ist die Frage, wie die beim Socialcamp begonnene Diskussion weitergeht. Dass das gesehen soll, darin waren sich die Teilnehmer einig, in Berlin soll das bei einem regelmäßigen Stammtisch geschehen (1. Juli, 19 Uhr, taz-Café). Eine umfangreiche Dokumentation der Session wird hier aufgebaut. Mehr Fotos vom Socialcamp gibt es hier und hier, Berichte unter anderem von Andrea Nienhaus, Richard und Patrick Jedamzik und Marcus Beckendahl.