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NGOs lobbyieren online: Haushalten mit Twitter

Verschiedene entwicklungspolitische NGOs und Kampagnen haben in den letzten Tagen eine erfolgreiche Aktion, quasi eine Mini-Advocacy-Kampagne, für mehr Geld im Kampf gegen HIV/Aids und andere Krankheiten geführt. Dabei kamen neben klassischen Lobbymethoden auch öffentliche Mobilisierungselemente via Twitter zum Einsatz. Ein spannendes Modell für die Zukunft?

Worum ging’s?

Die Bundesregierung hatte 2007 bei einer selbst organisierten Konferenz in Berlin zugesagt, jährlich 200 Millionen Euro für den Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria (GFATM) bereit zu stellen. Diese Gelder tauchen im Haushalt des Entwicklungsministeriums (BMZ) auf, dem so genannten Einzelplan 23 (EP23). Der Haushaltsentwurf wird jedes Jahr von der Regierung aufgestellt und im Bundestag in mehreren Lesungen diskutiert und verabschiedet. In den jeweiligen Ausschüsse im Parlament werden dabei die Fachfragen verhandelt.

Was wie haben Organisationen interveniert?

Entgegen den Versprechen, sah der Haushaltsentwurf 2010 der schwarz-gelben Bundesregierung für den GFATM nur 142 Mio. Euro vor, ein „klarer Wortbruch“, wie Hilfsorganisationen in Pressemitteilungen kritisierten. Medien wie der Tagesspiegel, FAZ oder BILD griffen das Thema auf und das BMZ beeilte sich mit der Versicherung, die fehlenden 58 Mio. Euro würden aus anderen freien Mitteln natürlich überwiesen. Das reichte den Organisationen nicht, sie wollten die Zahl „200“ Schwarz auf Weiß im Haushalt festgeschrieben wissen, u.a. weil mündliche Zusagen unsicher seien, der Haushalt verzerrt dargestellt und international falsche Signale gesendet würden. Dies war nachzulesen in einem Offenen Brief des Aktionsbündnisses gegen Aids, der an die zuständigen Abgeordneten im Haushaltsausschuss gesendet wurde.

Und was ist jetzt neu an den Methoden?

Kurz vor den entscheidenden Sitzungen des Haushalts– und Entwicklungsausschusses haben das Aktionsbündnis gegen Aids und die Aktion „Deine Stimme gegen Armut“ an die bei Twitter aktiven Abgeordneten die Frage gestellt, warum nur 142 Mio. für den GFATM vorgesehen seien (detaillierte Beschreibung der Aktion). Zum Monitoring wurde der Hashtag „#EP23“ eingeführt. Drei Oppositions- und eine CSU-Abgeordnete sind auf die Twitter-Kommunikation eingegangen. Am Ende der Beratungen im Haushaltsausschuss wurde für den GFATM ein Zuschuss von 204 Mio. Euro beschlossen, also sogar noch vier Millionen mehr als von Organisationen gefordert. Ein voller Erfolg für die Aktivisten – sofern der Haushaltsentwurf im März auch vom Bundestag so verabschiedet wird.

Lektionen für die Zukunft

Welche NGO oder welches Instrument (Pressearbeit, Lobbybriefe oder Massenlobbyierung via Twitter) am Ende den Ausschlag gab oder ob es noch ganz andere Gründe gab, wird sich nicht einfach feststellen lassen. Für NGOs ergeben sich aber aus dieser Aktion, insbesondere aus dem „Social-Media-Lobbying“, interessante Erkenntnisse:

  • Abgeordnete nehmen NGOs auf anderen Ebenen wahr: Neben den üblichen offiziellen Lobbygesprächen ist auf diesem Weg informelle Kommunikation möglich, die eine niederschwellige Interaktionmöglichkeit bietet.
  • Die Zusammenarbeit zweier NGO-Kampagnen (Aktionsbündnis gegen Aids und „Deine Stimme gegen Armut“) zeigt, dass mit wenig Aufwand als Netzwerk kooperiert werden kann. Das registrieren auch die MdB, das „Drohpotenzial“ der Zivilgesellschaft steigt.
  • Die Twitteraktion „trifft“ nur wenige Abgeordnete und tendenziell die Falschen. Außerhalb von Wahlkampfzeiten nutzet kaum ein MdB Social-Media-Kanäle. Dauerhaft aktiv sind hier außerdem eher Vertreter der Opposition, die weniger Einfluss im Parlament haben und die NGO-Anliegen „gegen die Regierung“ ohnehin positiv beurteilen – oder aber zumindest auf die Anfragen reagieren.
  • Die Einführung eines Hashtags zum Monitoring hat nicht funktioniert. Die MdB haben ihn in ihren direkten Antworten nicht genutzt. Allerdings konnten die Aktivisten geradezu „Agenda Setting“ betreiben: Die Abgeordnete Dagmar Wöhrl nutzte den Hashtag anschließend auch ohne Bezug zur konkreten Aktion.
  • Die Aktion stieß bei der Online-Community auf Interesse. Gegenüber anderen Infos, die in NGO-Blogs oder auf Facebook-Fanseiten veröffentlicht werden, waren hier die Interaktionen mit Unterstützern überdurchschnittlich hoch: Auf der Facebook-Seite von „Deine Stimme gegen Armut“ sind 20 „gefällt mir“ und fünf Kommentare zu verzeichnen, der Blogartikel stieß, gemessen an Klicks auf den mit bit.ly gekürzten Link (http://bit.ly/gf-ep23) bei Usern auf Interesse, die Updates von @AidsKampagne und @deinestimme wurden von Unterstützern retweetet.
  • Die Möglichkeiten von „Massen-Lobbyierung“ sind bei dieser Methode nur angedeutet. Dieses Mal haben zwei Kampagnenbündnisse und eine Privatperson jeweils rund 20 Abgeordnete angesprochen. Wenn die NGOs jedoch ihre Unterstützer im großen Stil mobilisieren, sehen sich die Politiker ganz anderem öffentlichen Druck ausgesetzt.

Was meint ihr? Wie ist die Aktion zu bewerten? Welche Potenziale bietet das Web 2.0 – jenseits von Online-Petitionen – für konkrete politische Veränderungen und Lobbyarbeit?

Kurz notiert: Personalisierte Videos (10.11.2009)

Im Wahlkampf von Barack Obama war es im vergangenen Jahr der letzte Schrei: user customized videos, also Videos, in denen das eigene Gesicht oder der eigene Name, implementiert wurde. So konnte plötzlich JedeR zum Held oder Buhmann eines Videos im Web werden. Es hat etwas gedauert bis diese Idee auch in Deutschland angekommen ist, aber zur Bundestagswahl haben dies zum Beispiel die IG Metall und der Radiosender 1Live genutzt.  Diese Form der viralen Ansprache von Internetnutzern ist natürlich auch wunderbar auf Kampagnen von NGOs übertragbar. Die Action Medeor hat dies mit einem Video zum Thema Malaria umgesetzt. In manchen Belangen wirkt das Video aber noch etwas unprofessionell und auch die Frage um was es genau geht und was mit den gesammelten daten passiert, ist unklar. Dennoch ein richtiger Schritt und wir werden in Zukunft bestimmt noch mehr solcher Videos sehen.

Am 22. Januar 2010 findet in Berlin das Fundraising2.0 Camp statt. Es soll eine Plattform für den kreativen Austausch und Zusammenarbeit zwischen Fundraising, NGOs und Politik bieten und ist somit sicherlich für viele Fundraiser innerhalb von Spendenorganisationen interessant. Die Anmeldung ist ab Ende November möglich, Infos finden sich hier.

Schon diesen Donnerstag (12.11.) findet übrigens die dritte Socialbar im Ruhrgebiet statt. Ab 19 Uhr geht es los im Unperfekthaus in Essen. Anmeldungen sind noch hier möglich.

Zum Abschluss sei noch auf die Webseite Kampagnenpraxis verwiesen. Es handelt sich um das Projekt einer Arbeitsgemeinschaft junger Fachleute an der Schnittstelle zwischen politischer Kommunikation und den Internetmedien. In regelmässigen Reports soll dort an praxisnahen Beispielen aufgezeigt werden, wie das Internet  für Kampagnen und Kommunikation erfolgreich genutzt werden kann. Bisher sind drei Reports erschienen.

Facebook Seiten für NGOs: Tipps und Tricks

facebook-logo2Seit Mitte März hat das weltweit größte soziale Netzwerk Facebook das Design seiner „Facebook-Seiten“ geändert. Die Nutzbarkeit dieser Funktion hat sich seitdem nicht nur für NGOs deutlich erhöht. Worum geht es? Eine Facebook-Seite ist ein öffentliches Profil, welches es ermöglicht gegenüber Facebook-Nutzern die eigene Organisation bekanntzumachen. Die Nutzer können dann ‚Fans‘ der Organisation werden und erhalten so automatisch aktuelle Informationen, die von der Organisation eingestellt werden. Dies kann manuell oder auch automatisch erfolgen. Im Resultat ermöglichen die Facebook-Seiten damit eine 1:1-Kommunikation mit einer Zielgruppe, welche angesprochen werden will und Interesse an der Arbeit der NGO hat. Organisationen, die mit Facebook-Seiten arbeiten, bekommen auf ihre Meldungen somit ein sehr direktes Feedback. Die Identifizierung mit der Arbeit der NGO kann dabei ebenso erhöht werden wie die Mobilisierung, da sie durch eine sehr direkte Ansprache erfolgt. Die Pflege einer Facebook-Seite kann für eine NGO jedoch auch schnell sehr zeitaufwändig werden. Doch Facebook stellt auch zahlreiche technische Hilfsmittel zur Verfügung, die die Administration erleichtern und zum Teil auch automatisieren. In diesem Blogpost stellen wir daher ein paar Tricks und Tipps vor, freuen uns aber auch über weitere Anregungen. Weiterlesen

Twibbons – Flagge zeigen mit Twitter

Twibbon - Eigene Icons für das TwitterfotoNach den Protesten im Iran war der Twitter in aller Munde. Nicht nur für die Organisation der Protestierenden im Land selbst war der Online-Kurznachrichtendienst wichtig, auch im Ausland nutzen Unterstützer ihn, um ihre Solidarität zu zeigen. Häufig zu sehen war ein grün eingefärbtes Profilbild (Avatar).

Mit dem Mashup „Twibbon“ können twitternde Organisationen mit wenigen Klicks ein Kampagnenelement einrichten, mit dem ihre Unterstützer Icons in das eigene Profilbild einbinden und so ihre Unterstützung zeigen können. So kann das Symbol der Organisation oder einer Kampagne sich durch einen viralen Effekt weit durch die Twitterwelt verbreiten und Aufmerksamkeit erzeugen.

Twitter-Avatar von helfire451Ich habe das für „Deine Stimme gegen Armut“ getestet. Das Symbol der weltweiten Aktion ist ein weißes Band, das zum Beispiel als Banner über eine Ecke von MySpace- oder Webseiten gelegt werden kann. Als Twibbon macht sich das bestimmt gut.

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act.ly: Unterschriftenaktionen mit Twitter

act.ly Screenshot Der Mikrobloggingdienst Twitter wächst stetig und wird vielfach als Internet-Anwendung der Zukunft gesehen. In Deutschland ist die Zahl der Nutzer (noch?) überschaubar. Twitternutzer sind hierzulande vor allem in der Medien- und Computerbranche zu finden. Wenn sich das ändert und Twitter ein Massenphänomen ist, wird das Tool act.ly für politische und/oder NGO-Kampagnen interssant, über das ich kürzlich gestolpert bin. Dort können Unterschriftenaktionen (Petitionen)  gestartet werden, mit denen andere Twitterer, beispielsweise Politiker oder Unternehmen unter Druck gesetzt werden, etwas zu tun. Ein ideales Tool für NGO-Kampagnen?

„@BarackObama, support African fight against poverty“

So funktioniert’s: Jeder bei Twitter registrierte User kann eine Petition starten. Dafür wird der Twittername der „Zielperson“, ein Petitionstext und ein Standard-Tweet-Text eingegeben. Wichtig ist, dass die act.ly-URL, der Name der Zielperson (zum Beispiel @kampagne20) enthalten sind, der Rest ist frei editierbar, genau wie der Petitionstext (auch nachträglich… ein Manko). Ein Hashtag (zum Beispiel #kampagne20) kann die Verbreitung erhöhen und das Monitoring vereinfachen.

Aktiviert wird die Petition, wenn der Initiator sie selbst unterschreibt, also tweetet. Auf der Seite der Petition ist zu sehen, wer zuletzt unterzeichnet hat, es gibt einen Tweet-Button und die üblichen „Weitersagen“-Funktionen zu Facebook, Myspace und Co. Die „Zielperson“ hat auf der act.ly-Seite die Möglichkeit, eine Antwort auf die Forderung zu schreiben.

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Demo-Berichterstattung: der Praxis-Test

Im November letzten Jahres fand der erste G20-Gipfel in Washington statt. Damals kritisierten wir, dass vom Protest aus Anlass des Gipfels wenig zu lesen bzw. zu sehen war (siehe unser Blogeintrag vom 18.11.2008). In wenigen Tagen, genauer gesagt am 2.4.2009, findet nun der zweite G20-Gipfel statt. Wieder ist das Thema die Weltfinanzkrise und wieder regt sich Protest. Zahlreiche NGOs aus ganz Europa hatten bereits am vergangenen Samstag (28. März) aus diesem Anlass zu einem Aktionstag aufgerufen. Und tatsächlich gab es zahlreiche Demos in vielen europäischen Großstädten. Auch in Berlin und Frankfurt/M. gingen Zehntausende auf die Straße.

Die Hauptdemonstration fand jedoch am Ort des G20-Gipfels, also in London, statt. Wir von kampagne20.de waren dabei und haben einmal selbst getestet wie aufwändig oder schwierig es eigentlich ist, eine derartige Veranstaltung schnell und trotzdem angemessen zu begleiten und zu dokumentieren (und nebenbei auch noch zu demonstrieren). Hier unser kleiner Erfahrungsbericht:

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Web 2.0-Tools für Entwicklungszusammenarbeiter

Es ist zwar schon eine Weile her, aber ich möchte doch nochmal ein paar Worte zum Seminar „Web 2.0 in der Entwicklungszusammenarbeit“ verlieren, das ich Ende November besucht habe. EADI hatte dazu eingeladen, die Trainer kamen von euforic und die Teilnehmer aus verschiedenen entwicklungspolitischen Forschungsinstitutionen und Hilfsorganisationen). Thema der Schulung war weniger die Frage, wie Web 2.0 in (der Zusammenarbeit mit) Projekten in Entwicklungsländern genutzt werden kann, sondern eher eine Einführung in Web 2.0-Tools und wie sie die tägliche Arbeit erleichtern resp. bereichern kann.

Damit wurde genau das Interesse der Teilnehmer getroffen: Zwei Kollegen der schweizerischen Entwicklungsagentur DEZA arbeiten an der Neustrukturierung der Organisation und wollten Potenziale von Web 2.0-Anwendungen kennenlernen, genauso der InWEnt-Kollege, der das Alumni-Portal betreut. Die Kollegin vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) interessierte sich besonders für die Möglichkeiten von Blogs, weil das DIE über ein eigenes nachdenkt (und damit dem guten Vorbild des britischen Partnerinstituts ODI nachfolgen könnte). Zwei Mitarbeiterinnen der Fundraising-Abteilungen der Welthungerhilfe und von action medeor wollten… na was wohl… Anregungen sammeln, um die Webseiten der Organisationen für potenzielle Spender attraktiver zu gestalten.

Obwohl ich selbst bereits viele dervorgestellten Tools kannte, habe ich doch ein paar hilfreiche Kniffe und neue Anwendungsmöglichkeiten gelernt. Eine kleine Zusammenstellung, die hoffentlich als Anregung und Motivation dient:

  • RSS-Feeds: Für die Leser von „Kampagne 2.0“ ein alter Hut, aber für den durchschnittlichen NGO-Mitarbeiter eher eine große Unbekannte. Eine Umfrage unter meinen Kollegen ergab, dass die Hälfte weiß, was Feeds sind, aber keiner (!) welche abonniert hat. Es lohnt auch ein Blick auf die Optionen von Feedburner, um die Feeds der eigenen Seite zu vermarkten.

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„Hat jemand die Demo gesehen?“ oder warum Protest unsichtbar bleibt

Am vergangenen Wochenende hat in Washington der G20-Finanzgipfel stattgefunden. Normalerweise sind Gipfel dieser Art, die viele Staats- und Regierungschefs zusammenbringen und auf denen über die Finanzarchitektur der Welt diskutiert wird, immer auch ein Anlaufpunkt für Demonstrationen. Die vergangenen G8-Gipfel waren immer auch gezeichnet vom Protest. Doch schaut man rückblickend auf das vergangene Wochenende, wird auffallen, dass in nahezu keinem Medium auch nur einmal das Wort von Protest oder Demonstration zu finden ist. Gab es keinen?

Doch es gab – aber, und das ist gleich vorweg zu stellen, er war klein. Es gab keine Tausenden auf den Straßen in Washington, eher ein paar Hundert. Dennoch sind auch die nicht aufgefallen. Auch die Proteste in den Hauptstädten anderer Länder waren kein Thema, nicht mal attac brachte es mit seinen Aktionen in Deutschland in die hiesige Presselandschaft. Weiterlesen

Socialbar, die 3.

Am vergangenen Dienstag fand in Berlin die dritte Socialbar statt (siehe unseren vorherigen Beitrag). Auch dieses Mal trafen sich wieder Mitarbeiter von NGOs, Web2.0-Verrückte und Interessenten im taz-Cafe, um über die Verknüpfung von sozialen Intiativen und Internet zu diskutieren. Vor dem Socialising (bzw. für viele vor den Wahlpartys) gab es drei kurze Vorträge.

Als erstes sprach Ricardo Cristof Remmert-Fontes vom AK Vorratsdatenspeicherung und berichtete von seinen Erfahrungen bei der Organisation der Demonstration “Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn”. An selbiger hatten in Berlin kürzlich rund 50.000 Menschen teilgenommen. Doch Ricardo führte diesen Erfolg hauptsächlich auf die klassische Ansprache zurück: Poster, Werbesports im U-Bahnfernsehen und Aufkleber hätten zu großer Verbreitung geführt. Allenfalls (elektronische) Newsletter von den Organisationen, die im Arbeitskreis vertreten sind, hätten zu großer Verbreitung geführt. Eine gewisse Aufmerksamkeit sprach er auch den einmgesetzten Page Peel-Banner (zu sehen z.B. bei dataloo rechts oben) zu, die viele Webmaster auf ihre Seiten eingebunden haben. Offen liess Ricardo, ob ein geplantes youtube-Video vielleicht noch für zusätzliche Mobilisierung oder zumindest Beachtung gesorgt hätte. Er warnte jedenfalls davor die Möglichkeiten zur Mobilisierung von Demonstrationen über das Internet überzubewerten. Er sieht das Internet vor allem als Ergänzung zu den bekannten Maßnahmen. Auch wenn ich ihm im Grundsatz Recht gebe, glaube ich durchaus, daß die häufige Präsenz der auffälligen Stasi2.0 Banner auf vielen Websites durchaus ihren Teil zum Erfolg beigetragen haben.

Als nächstes berichtete Joep van Delft von creative acts von Möglichkeiten das Internet für die Generierung von Aufmerksamkeit zu nutzen – und zwar durch kreative Aktionen wie AdBusting, Online-Demos oder Googlebombs (mehr dazu in seiner Präsentation). Zudem verwies er auf die Möglichkeiten der Vernetzung und der Mobilisierung von Offline-Veranstaltungen, wie z.B. Flashmobs. Joeps Vortrag war sehr inspirierend, dürfte aber wohl nur für die wenigsten NGOs in Betracht kommen. Unter anderem auch auf Grund der teilweise rechtlichen Grauzone, die diese Form des Aktionismus mit sich bringt.

Zum Abschluss erklärte Jan Michael Ihl warum heutzutage eigentlich jede NGO den Microblogging-Dienst twitter nutzen sollte. Seine drei Thesen:

  • 1. Twitter gehört ab morgen zum Standard-Repertoire jeder erfolgreichen Kampagne – nach dem Vorbild Barack Obamas.
  • 2. Twitter ist als Feedback-Kanal noch viel interessanter denn als reiner Micro-News-Kanal. Faktoren: Niedrigschwelligkeit & Öffentlichkeit.
  • 3. Twitter ist keine Plattform für die Ewigkeit, aber auf jeden Fall fürs Jetzt. Deshalb: sollten NGOs und Initiativen besser _jetzt_ Twitter einsetzen, als zu zögern. Voraussetzung für Erfolg: richtiger Ton, Witz, Offenheit.

Wir hatten bereits im April den Einsatz von twitter bei NGOs diskutiert (siehe den Beitrag hier). Seitdem hat sich vorallem eines verändert: die Nutzerzahlen bei twitter sind massiv gestiegen und gerade die Kampagnen der US-Wahl haben dieses Instrument erfolgreich eingesetzt. Somit gebe ich Jan Recht: twitter ist in der Tat eine große Chance neue Nutzergruppen schnell zu erreichen – aber gerade in Deutschland sind diese Nutzerzahlen gering. Dafür aber Meinungsstark, denn häufig handelt es sich um Blogger, Journalisten oder Netzwerker, die über große Multiplikationskanäle verfügen. Zudem steht hier Kommunikationskanal zur Verfügung, der die Chance auf Schnelligkeit und Transparenz bietet. Für viele NGOs kann dies nur von Vorteil sein.

Einen weiteren Bericht (mit Fotos) zur Socialbar findet sich bei den Blogpiloten.

Zeitaufwand für NGOs durch Web2.0

Eine Frage, die sich für alle NGOs immer wieder stellt lautet: „Lohnt sich mein Engagement im Internet überhaupt?“ Der Nutzen einer Internetseite zur Selbstdarstellung ist bei einem Großteil auch der deutschen NGOs inzwischen unbestritten. Doch in wie weit gleichen sich Aufwand und Nutzen im Bereich des Web2.0 eigentlich wieder aus? Brigitte Reiser hat zu diesem Thema in ihrem Blog nonprofits-vernetzt einen interessanten Artikel verfasst und bezieht sich auf eine amerikanischen Beitrag von wonach Beth Kanter wonach der folgende Zeitaufwand einzuberechnen sei:

  • 5 Stunden pro Woche benötigt eine Organisation, um sich im Internet über relevante Beiträge bezüglich der eigenen Organisation und des eigenen Fachgebietes auf dem Laufenden zu halten. Kanter nennt diese Tätigkeit  ‘Zuhören’. Sie läuft über Newsfeeds, Twitter, technorati usw.
  • 5 Stunden pro Woche nimmt es in Anspruch, wenn man aktiv an Online-Diskussionen teilnimmt und Kommentare schreibt, auf einzelne Beiträge eingeht usw. Dieser Aufwand läuft unter dem Stichwort ‘Partizipieren’.
  • 10-15 Stunden pro Woche muss eine Organisation für die Erstellung von eigenen Inhalten in Form von Blogs, Podcasts usw. veranschlagen. Da die Inhalte allein noch für keine Nachfrage sorgen, muss man diese entsprechend bekannt machen und im Netz vermarkten. Dies nennt Kanter ‘Generate Buzz’ . Die Vermarktung der eigenen Inhalte kostet eine Organisation noch einmal 10-15 Stunden pro Woche.
  • Mehr als 20 Stunden pro Woche benötigt eine Organisation, wenn sie aktiv eigene Online-Netzwerke aufbaut und diese pflegt oder aktiv an bestehen Online-Communities wie Facebook teilnimmt. Die Beantwortung von Anfragen, der gemeinsame Dialog, die Entwicklung neuer Ideen, der wertschätzende Umgang mit den einzelnen Netzwerk-Mitgliedern, – all dies kostet sehr viel Zeit. Aber ohne diesen Stundeneinsatz bringt eine Community keinen Nutzen. Wenn man vom Mitmach-Internet profitieren will, muss man bereit sein, diese Stunden zu investieren.

Es ist sicherlich unbestritten, dass der zeitliche Aufwand für die Pflege der Web2.0 Angebote häufig unterschätzt wird. Dass sich das Internetangebot ‚mal so eben nebenbei‘ erledigen lasse, ist ein weit verbreitetes Vorurteil, dass die vernatwortlichen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit nicht mehr hören können.

Dennoch sollte der Aufwand auch nicht zu groß geredet werden, denn schliesslich gibt es inzwischen zahlreiche Hilfsmittel, die einem die Pflege der Web2.0 Applikationen erleichtern bzw. die Abläufe teilweise sogar automatisieren. Um das etwas besser erläutern zu können, gehen wir von einem ganz normalen Blogeintrag aus, den eine NGO verfasst hat. Die möglichst weitläufige Verteilung dieses einen Blogartikels lässt sich inzwischen fast komplett automatisieren. Über den RSS-Feed des Blogs werden neue Beiträge ganz leicht verteilt: z.B. kann jeder neue Blogeintrag automatisch über twitter verschickt werden. Dazu muss man nur einen kostenlosen Account bei twitterfeed.com anlegen – der Rest funktioniert automatisch. Die Nutzer können die Blogeinträge auch abonnieren und erhalten somit jeden neuen Eintrag per e-mail. Dieser Service wird kostenlos via feedblitz oder für WordPress über das plugin subscribe2 angeboten. Die RSS-Feeds mit neuen Blogeinträgen können auch über schon vorinstallierte Reader in die Gruppenseiten von XING (hier am Beispiel von erlassjahr.de) oder Facebook Pages (hier am Beispiel von Deine Stimme gegen Armut) eingebunden werden. Dies alles gehört sowohl in den von Kanter genannten Bereich ‚generate buzz‘ als auch zu ‚Zuhören‘. Diese Liste ist natürlich noch weiterhin fortsetzbar und wir freuens uns auch über Hinweise auf andere nützliche Web2.0 Applikationen, die zu einer echten Zeitersparnis führen – bitte einfach Links als Kommentar hinterlassen.

Natürlich ist weiterhin trotzdem wichtig wie viel Nutzen am Ende bei egal welchem Zeitaufwand herauskommt. Hierbei gilt aber auch für NGOs die alte Weisheit: so relevanter ein Artikel/Beitrag für meine Zielgruppe ist, umso höher ist der Nutzen. Dabei können sich über geschickte Verschlagwortungen (wobei man immer ganz nah am Thema blieben sollte!) auch ganz neue Interessanten für das eigene Thema finden. So etwas schlägt sich dann auch sehr schnell in den Nutzungsstatistiken von Webseiten und Blogs nieder.

Blog Action Day: Globales Armutsblogging

Gerade haben wir „Kampagne 2.0“ für den „Blog Action Day“ registriert und sind am 15. Oktober dabei, wenn weltweit Blogger, Pod- und Videocaster Beiträge rund um das Thema „Armut“ veröffentlichen. Die Idee des „Blog Action Day“ ist so simpel wie faszinierend: Mit tausenden unterschiedlichen Beiträgen wird eine weltweite Diskussion in der Blogosphäre angezettelt – in diesem Jahr zum Thema Armut.

Alles was zu tun ist, ist die Registrierung Deines eigenen Blogs (bisher haben das mehr als 5.000 Blogger mit über 10 Millionen Lesern getan). Am 15. Oktober dann veröffentlichst Du einen Beitrag zum Thema „Armut“, ganz individuell und im üblichen Stil Deines Blogs. Weil Du einen kleinen Code-Abschnitt in Dein Posting einkopiert hast, kann nachverfolgt werden, wie viele Leser erreicht werden.

Weil wir die Idee, einer zielgerichtenen, globalen Online-Aktion gut finden, haben wir einen Teil der „Blog Action Day“-Webseite ins Deutsche übersetzt. Was hindert Dich also, selbst mitzumachen? Bisher sind aus Deutschland knapp 90 Blogs registriert, unter anderem „Deine Stimme gegen Armut“, Blogpatenschaften, die Blogs von Tribax und der Firma Magix oder das Smashing Magazine. Da ist noch Luft nach oben, insbesondere bei den Blogs der Hilfsorganisationen und NGOs.

Erfolgreiches Online-Campaigning für NGOs

Im Nachgang zum Socialcamp hat sich in Berlin mit der Socialbar ein regelmäßiger Stammtisch für Internet- und NGO-Aktivisten etabliert. Gestern abend kamen sicher 30 Menschen, um sich unter anderem den Erfahrungsbericht zu Kampagnenarbeit mit Online-Unterstützung von Günter Metzges (Bild) von campact.de zu lauschen. Ein paar Gedanken und Thesen, die eigentlich auf der Hand liegen, will ich nicht vorenthalten:

1. Niemand sucht nach politischem Engagement. Es sind Themen, die Menschen interessieren.
2. Was funktioniert nicht: Massenmailaktionen zum Beispiel an Abgeordnete sind out: Den Spamfilter richtig eingestellt – schon merken die Empfänger nicht mal, wie viele Leute sich beteiligen. Online-Aktionen werden als „virtuelles Grundrauschen“  kaum mehr wahrgenommen.
3. Was funktioniert: Lokalisierung von Aktionen. Wenn Menschen ihre Abgeordneten im Wahlkreis anschreiben wird das wahrgenommen, auch wenn es nur fünf Mails sind. Noch besser geht man direkt zum Abgeordneten hin. Campact exerziert dies gerade durch: Online gesammelte Protestschreiben werden Landwirtschaftsminister Horst Seehofer bei Wahlkampfauftritten direkt übergeben. Er merkt, dass nicht nur Server dahinterstecken, die Mails verschicken, sondern echte Menschen.
4. Schließlich sind Online-gestützte Kampagnenaktionen dann erfolgreich, wenn a) das Framing stimmt (es gibt eine plausible Problem-Analyse-Lösung-Kette), b) eine fundierte Analyse gemacht wurde (Wer ist der Gegner? Wo sind seine wunden Punkte?) und c) ein konflikteskalierender Instrumentenmix erdacht wurde (Nach der Online-Petition muss es weiter gehen und das müssen Entscheidungsträger wissen, sonst ändern sie ihr Verhalten nicht).

Facebook im Einsatz: Theorie und Praxis

Die Kollegen von DigiActive, einer Organisation die Grassroot-Aktivisten bei der Nutzung von Web2.0 und mobilen Applikationen unterstützt, hat kürzlich eine Einführung zur Nutzung von Facebook für Aktivisten herausgegeben. Das 15seitige PDF liest sich schnell und muss in der Tat als reine ‚Einführung‘ verstanden werden. Spannend sind aber die drei Fallbeispiele, die den Einsatz von Facebook bei Kampagnen zu Burma und in Marokko sowie Ägypten beleuchten. Gerade in diesen Beispielen werden recht ansehnlich die Vor- und Nachteile bei der Nutzung von Facebook deutlich.

Die grundsätzlichen Annahmen, die DigiActive in Bezug auf den Einsatz von Facebook für Kampagnen und NGOs herausgearbeitet hat, sind jedoch insbesondere im deutschsprachigen Bereich mit großer Vorsicht zu geniessen. Su muss schon die Annahme ‚Viele Menschen nutzen Facebook‘ gerade für den deutschen Markt erheblich relativiert werden. In Deutschland waren im Juli 2008 knapp 500.000 Menschen bei Facebook registriert, was aber auch nichts über deren Grad oder Häufigkeit der Nutzung aussagt. Trotzdem wird schon aus dieser schieren zahl deutlich, dass über Facebook zumindest hierzulande keine Massen zu mobilisieren sind.

Trotzdem ist Facebook natürlich eine Möglichkeit die eigene Kampagne oder NGO gegenüber einem sehr internet-affinen Publikum zu präsentieren, zudem ist die Nutzung kostenlos, der Einsatz verschiedenster Medienform (Fotos, Videos und Audio) unproblematisch und die direkte Ansprache von Menschen, die sich für die Facebook-Gruppe der eigenen NGO entscheiden ist einfach. Zugleich kostet aber auch die Pflege der Facebook-Gruppen Zeit, insbesondere da die Facebook-Gruppe die eigentliche Webseite der NGO nicht ersetzen, sondern inhaltlich viel mehr spiegeln soll. Weiterhin ist Facebook eben nicht ursprünglich für Kampagnen erstellt worden, so dass der Aufwand umso höher ist, will man es für diese Zwecke nutzen. Interessant ist es aber hierfür Fremdapllikationen innerhalb von Facebook zu nutzen, wie z.B. Causes, die genaue Kampagnenziele erfassen und den Stand der Spenden, zugewonnenen Freunde o.ä. abbilden. Leider sind diese Apllikationen ebenfalls auf den amerikanischen Markt zugeschnitten, ein Spendensammeln ist für europäische NGOs beispielsweise derzeit überhaupt nicht möglich.

Bei aller Kritik an Facebook: die Plattform ist für die Kampagnen- und NGO-Arbeit dennoch um ein hohes Maß brauchbarer als der deutsche Marktführer StudiVZ, der außer der reinen Gruppenbildung zur eigenen NGO so gut wie nichts zu lässt. Mobilisierung über StudiVZ ist fast aussichtslos, über Facebook aber zumindest machbar.

Kurz notiert (30.07.2008)

Soziale Netzwerke sind in aller Munde und die Nutzerzahlen von z.B. StudiVZ oder Facebook steigen nach deren eigenen Angaben beständig. So ist es kein Wunder, dass auch immer mehr Anbieter auf dn Markt drängen, die soziale Netzwerke für den Bereich Ehrenamt und NGOs anbieten. Relativ neu in Deutschland ist der irische Anbieter ammando, welcher aber auch Plattformen in vielen anderen Ländern betreibt und diese untereinander vernetzt hat. Schon länger dabei ist realisr, die sich besonders auf die Umsetzung von Projekten unter Mithilfe von Freiwilligen konzentrierten. Erwähnung soll auch kaioo finden, bei dem jede NGO sein eigenes soziales Netzwerk kostenlos aufbauen kann. Allen Plattformen gemeinsam ist das Problem der geringen Userzahlen und Aktivitäten in den einzelnen Gruppen. Offenbar gelingt es nur sehr schwer die engagierten Bürger auch zu engagierten Webnutzern zu machen.

Dazu passt eine kürzliche Studie der Agentur new thinking, die ‚Politik im Web 2.0‚ untersucht hat. Von dem wenig überraschenden Ergebniss, dass die deutsche Parteien insbesondere im Vergleich mit den USA noch einiges an Nachholpotential haben, sind die Statistiken teilweise erschreckend. Selbst die großen Volksparteien und bekannten deutschen Politiker kommen im Web 2.0, sei es nun bei youtube oder StudiVZ, nur auf sehr geringe Zugriffszahlen. Wenn man diese Zahlen auf die Arbeit von NGOs übersetzt, scheint hier noch einiges an Arbeit auf die Online-Campaigner zu zukommen.

Der MediaWatch Blog ist ein neuer Blog, der sich durchaus kritisch mit aktuellen Themen der Entwicklungspolitik und -zusammenarbeit auseinandersetzt. Sieben Autoren stellen aktuelle Nachrichten zusammen, analysieren und kommentieren. Leider sind wohl auf Grund fehlender Webkenntnisse viele Bereiche noch in einem kruden deutsch-englischen Sprachmix vorhanden. Vom Inhalt her aber eine wirkliche Bereicherung.